Das Dreieck konnte es nicht fassen. Was es alles ertragen musste. Schlimm genug, dass es Timo an der Sacré-Cœur de Montmartre rücklings niedergeschlagen vom Boden aufsammeln musste, jetzt sitzt es im 12-Jungszimmer im Pariser Hostel auf dem Hochbett, in dem eigentlich Timo schlafen sollte, und lässt sich abwechselnd von Sido, Bushido und K.I.Z beschallern.
Timo lag im Krankenhaus. Mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung wollte der Arzt ihn eine Nacht zur Beobachtung dort behalten. Das Dreieck erinnert sich noch, wie es Timo gefunden hatte: bewusstlos und mit einer Platzwunde an der Stirn. Sabine, Lilly und Timo’s bester Freund Marc waren gleich zur Stelle. „Ahh das Handy“, schrie Sabine und begutachtete das zersplitterte Display, „naja, nicht so schlimm, das neue iPhone kommt ja nächsten Monat raus. Diese Samsung-Dinger sind ja sowieso nicht zu gebrauchen, die Kamera vorne macht gaaanz schlechte Selfies“, winkte sie erleichtert ab und drehte sich ihrem bewusstlosen Freund zu. Noch bevor der Krankenwagen eintraf, wachte Timo auf, konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, was oder wer ihn niedergestreckt hatte.
Ich heb‘ ab, nichts hält mich am Boden, alles blass und grau. Bin zu lange nicht geflogen, wie ein Astronaut, ballerte es aus den Bose-Lautsprechern von Marc. Zu jedem Ich heb’ ab hoben alle elf Jungs im Takt ihre Gläser in die Höhe und nahmen einen kräftigen Schluck Bier.
„Hi Jungs“, die Tür flog auf und Sabine mit Anhang betraten ohne zu klopfen das Zimmer, „schaut mal was wir gefunden haben“, rief sie und hielt eine Flasche Gorbatschow in die Luft, „ich würde sagen, der Abend ist gerettet“.
„Sabine“, Marc sprang mit einem Satz von der oberen Bettkante, schnappte sich die Flasche, Sabine gleich mit, „du bist die Beste“ und gab ihr einen Kuss auf den Mund.
„OMG, Marc du bist soo eklig. Ich bin mit Timo zusammen und außerdem, mit so einem Diskopumper wie dir würde ich im Leben nicht ausgehen, nicht wahr Lilly?“ Lilly bekam von alle dem nichts mit. Sie flackte sich in eines der unteren Betten, zog ihr Handy aus der Tasche und swipte rechts, rechts, links, rechts…
„OMG, Marc hör auf damit“, Sabine schob ihn halbherzig von sich „ich besorg uns noch Energy, Leute, bin gleich wieder da“.
„Yo bros, braucht einer noch was vom Automaten, ich kauf ne Tüte Chips“, fragte Marc, ohne auf eine Antwort zu warten, in die Runde und verschwand eine Sekunde später aus der Tür, Sabine hinterher.
„Nein, ich habe es noch nicht. Aber es wird nicht mehr lange dauern. Ja, Timo liegt im Krankenhaus. Morgen wird er entlassen. Hmm, ja, verstehe.“ Das Dreieck war auf der Suche nach einem Süßigkeitenautomaten. Es war ganz unterzuckert und brauchte dringend ein Twix. Direkt neben dem Automaten war die Tür zum Zimmer nur angelehnt. „Ich sagte doch schon, ich gebe mein bestes. Hier läuft alles.“ Jemand telefonierte mit gedämpfter Stimme, „Nein, ich habe es noch nicht gefunden, wie gesagt, aber es wird nicht mehr lange dauern.“
Hinter dem Dreieck polterte die Meute die Holztreppen in die Lobby herunter. „Kommt Leute, auf geht’s! Paris wartet nicht auf uns“, brüllte Lilly mit dem Selfie-Stick wild umherfuchtelnd. „Moment“, brüllte jemand. Die Tür flog auf und Trainer Hansen stürmte aus dem Zimmer gegenüber der Treppe. „Wohin geht’s, Leute? Morgen ist um 8 Uhr die erste Trainingseinheit. Wer fehlt, der fliegt. Ihr kennt meine Regeln.“
„Kein Ding, Coach.“ Sabine kam gerade aus der Damentoilette, mit einer 1,5 Literflasche mit der Aufschrift Apfelsaftschorle in der Hand, die mit ihrer neon-gelben Farbe verdächtig danach aussah, dass alle, die davon tranken, morgen Schwierigkeiten haben würden, pünktlich zum Training zu erscheinen.
„Yo, Tinderella, gib mir mal die Selfie-Stange. Coach, wir sind spätestens um 22 Uhr wieder hier, versprochen!“ Und damit verabschiedete sich Marc von Trainer Hansen, packte Sabine und verließ mit beiden Mädels und elf angeheiterten Jungs das Hostel. „Yo, Dreieck, kommst du?“
Das Dreieck erwachte mit einem dröhnenden Kopfschmerz. Die Sonne schien ihm direkt ins Gesicht und es verspürte einen großen Drang, sich zu übergeben, konnte sich aber noch zurückhalten. Diese Kids sind ja furchtbar. Er saß auf einem Elektro-Kasten gegenüber vom Hostel, neben ihm noch Reste dieser grausigen Mischung. Erinnerungen der vergangenen Nacht bahnten sich ihren Weg zurück in das Gedächtnis vom Dreieck. „Nein, das kann nicht sein!“
Wir zeigen 2015 Köln und andere spannende Orte in Deutschland aus ungewohnter Perspektive. Das blaue Dreieck, das “A” aus dem Logo von KAMPMEYER wird begleitet von unserer Autorin Anna-Katrin Keller und fotografiert von Csaba Peter Rakoczy.
Stichworte: Abenteuer, Dreieck, Jubiläum, Köln, Logo, Paris, Storytelling
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